Bayrisch Kraut

Weißkraut

Region: Mittelfranken, Niederbayern, Oberbayern, Oberfranken, Oberpfalz, Schwaben, Unterfranken

stumme Karte, alles Regierungsbezirke blau markiert

Bayrisch Kraut bereitet man am besten aus einem Spitzkohl oder Weißkohlkopf zu. Die starken, oft fleischigen Blätter haben einen Wachsüberzug, oft dicke und breite Blattrippen und eine graugrüne Färbung.

Kraut hat in der regionaltypischen Ernährung traditionellerweise eine sehr große Bedeutung. Es ist das ganze Jahr über erhältlich. Spezielle Lagersorten können an frostfreien, luftdurchlässigen Plätzen monatelang aufbewahrt werden.

Bayrisch Kraut wird fein geschnitten, mit etwas Fett, Wasser, Salz, Kümmel und Zucker weich geschmort (Rezept). Es schmeckt beispielsweise als Gemüsebeilage zu Bayerischem Schweinebraten.

Kohl in der Mythologie

Nach der griechischen Mythologie soll der Kohl aus dem Schweiß des Zeus entstanden sein.
Er ist eines der ältesten, bereits seit der Antike angebauten Gemüse.

Seine Ursprungsgebiete liegen aller Wahrscheinlichkeit nach in Kleinasien, an der Atlantikküste, in Frankreich und im östlichen Mittelmeergebiet.

Das "krauteste" Kraut stammt aus Ismaning

Bayrisch Kraut auf einem tiefen Teller, im Hintergrund ein halbierter Kohlkopf

Das beste Kraut kennt nur, wer das aus Ismaning probiert hat. Es ist nicht nur viel "krauterer" als z.B. das Föhringer – sondern: „Dees krauteste Kraut wird z’Ismaning baut“. Zum Neidwesen anderer Erzeuger und Nachbarn, die deshalb gern ihre Spottschnäbel an diesem Thema gewetzt haben. Aus "Krauterer" (Krauthauer) machten sie "Krauderer" (einen der nur mehr herumkraudert, nichts wirklich mehr schafft, einen "alten Krauderer" eben). Und wenn sie einen Ismaninger als Krautkopf bezeichneten, dann als Anspielung auf den Größenvergleich der Köpfe von Feldfrucht und deren Erzeuger. Und gemeint war dabei nicht der respektvolle Titel "Großkopferter" für einen, der in der Gesellschaft was darstellt, sondern eher "Gschollkopf" (ein Aufgeblasener). Vor diesem Hintergrund ist die (heute nur noch historische) Feindschaft zwischen Ismaning und Föhring zu verstehen. Waren einerseits die Krautäcker in Ismaning als Gemeineigentum der Bauern prinzipiell abgabefrei, so musste andererseits das beste Kraut (Gütesiegel "Bischofskraut") als Steuer ("Zehent") frisch geerntet direkt an den Hof in Freising geliefert werden. Aus einer Urkunde geht hervor, dass schon im Jahre 1659 1.112 Fuhren mit "Dienstkraut" zum bischöflichen Kontrollamt nach Freising gefahren wurden, natürlich "das schenst und selberst ausklaubt Kraut". So versteht sich der damalige Ismaninger Seufzer jeden Herbst: "Oh mei, oh mei: Uns hams ghaut. Hätt man bloß koa Bischofskraut!" 1898 gründeten die Krauterzeuger die erste bayerische Krautverwertungsgenossenschaft in Ismaning, und die erste Krautfabrik Bayerns wurde an der Münchner Straße erbaut. Große Mengen von dem gesunden Gemüse wurden vor allem in München verzehrt - alljährlich zum Oktoberfest, aber auch zu den Olympischen Spielen.


Sogar Goldmedaillen gewann das Ismaninger Kraut: Bei der Weltausstellung im Jahre 1900 in Paris wurde unter 123 Lebensmittelherstellern die Ismaninger Krautverwertungsgesellschaft damit ausgezeichnet.


Später übernahm die Firma Durach die Krautverwertung. Auf ihrem Gelände an der Münchner Straße gegenüber dem Ismaninger Wasserturm entstanden die größten Krautsilos Europas. Von hier aus wurde die ganze Welt mit Ismaninger Sauerkraut beliefert. Da Kraut heute kein Grundnahrungsmittel mehr ist und sich die Nahrungsindustrie stark verändert hat, mussten die Ismaninger Krautfabriken schließen bzw. ihren Standort verlegen. Fast ein halbes Jahrtausend hindurch spielte der Krautanbau in Ismaning eine wichtige Rolle. Der im Ismaninger Ortsbereich anzutreffende "Almboden", eine dichte Kalktuffschicht, war für das Erzeugnis bestens geeignet. Die Landwirte bauten eine Vielzahl von Sorten an. Das "echte Ismaninger Kraut" bildete das Hauptkontingent. Es wurde aus in den Hausgärten gezogenen Pflanzen gewonnen und wuchs zu großen festen Köpfen heran, die spät im Herbst geerntet wurden. Eine schwere Arbeit, an der sich die ganze Familie beteiligte. Das „Ismaninger“ ist heute, weil weniger ertragreich und arbeitsintensiver als moderne Sorten, kaum noch konkurrenzfähig. Doch bei einigen traditionsbewussten Landwirten wird es noch gepflegt und verkauft – als wertvolle regionale Sorte, in der jahrhundertelange züchterische Sorgfalt und eben ein Stück Ismaninger Geschichte steckt.