Kesselfleisch
Region: Mittelfranken, Niederbayern, Oberbayern, Oberfranken, Oberpfalz, Schwaben, Unterfranken
Kesselfleisch bezeichnet ein Gericht aus verschiedenen Stücken des frisch geschlachteten Schweins.
Diese werden traditionell noch warm im Kessel gekocht und meist mit Blut- und Leberwürsten als Beilage zur Schlachtschüssel oder auch als Einzelgericht mit Brot oder mit Kraut und Klößen serviert werden.
Die Betonung liegt hierbei auf ‚unmittelbar nach der Schlachtung in einem Kessel‘ zubereitet – daher der Name.
Viele regionale Varianten
Allein in Oberfranken sind für dieses Gericht mehrere regional verschiedene Bezeichnungen in Verwendung, bspw. Spint, Spünt (Coburg), Schipf, Schüpf (Fichtelgebirge, Hof) oder Wöllsfleisch (Hollfeld) überliefert.
Des Weiteren finden regional und manchmal sogar lokal verschiedene Fleischteile Verwendung im Gericht: Bauchfleisch (Bamberger Land, Frankenwald), Kammfleisch oder Kopffleisch (Frankenwald, Coburger Land), Schweinerüssel (für den „Schipf“ im Fichtelgebirge), Teile aus der Dünnung, von der Querrippe oder – seltener – verschiedene Innereien.
„Bis auf den Nabel und die Augen wurde alles verwurstet.“
Rita Kranefeld, Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) Kulmbach, Betriebswirtin für Ernährung und Versorgung und „Kesselfleischliebhaberin“
Frische Schlachtung, natürliche Zubereitung und Ganztierverarbeitung
Kesselfleisch wird absolut frisch in einer guten Fleischbrühe behutsam köchelnd zubereitet und nur mit Salz und Pfeffer gewürzt. Zwiebeln und Knoblauch zur Verfeinerung sowie Senf oder Meerrettich als Begleiter sind „erlaubt“. Zusatzstoffe erübrigen sich bei dieser Art der Herstellung bzw. Zubereitung.
Das Kesselfleisch bekommt im Idealfall eine weich-mürbe, feinfaserige Struktur. Dabei ist ein nicht zu geringer Fettanteil erwünscht und trägt zur Entfaltung des guten Fleischgeschmacks bei.
Sonst ein Fauxpas – hier erwünscht: als deftige Suppeneinlage war/ist es besonders beliebt, wenn Würste im Kessel zerplatzten.
Teil des regional-ländlichen Brauchtums
Wenn früher geschlachtet wurde, geschah das im ländlichen Raum nicht allzu oft – Familien mit ein paar Schweinen schlachteten meist nur einmal pro Jahr. Am üppig-deftigen Kesselfleisch durfte sich traditionell auch meist die Nachbarschaft erfreuen, denn es war üblich Portionen zu verteilen oder als Abschluss des arbeitsreichen Schlachttages an die vielen Helfer auszugeben.
Wie die Schlachtschüssel insgesamt ist auch das Kesselfleischessen Teil des regional-ländlichen Brauchtums um das Schlachtfest.
Da körperliche Arbeit nicht nur an Schlachttagen das traditionelle Leben auf dem Land sowie den Arbeitsalltag der Handwerker und Arbeiter in den Städten bestimmt(e), durfte und darf das Kesselfleisch auch immer etwas Fett enthalten, was die butterweiche Konsistenz des Fleisches und den guten Geschmack fördert.
(Quelle: Genussregion Oberfranken e.V.)
Reichhaltiges Mittagessen in Wirtshäusern und Metzgereien
Die Tradition des Kesselfleischessens ist weit verbreitet. Metzgereien bereiten Kesselfleisch an Schlachttagen frisch zu und verkaufen es direkt als warmes Tagesgericht an ihre Kunden.
Auch in der Gastronomie gilt Kesselfleisch als etwas Besonderes und erfreut sich bei Gästen und Nostalgikern großer Beliebtheit. Je nach Region wird Kesselfleisch mit ein paar Scheiben Brot oder mit Kartoffeln und Sauerkraut, oder manchmal mit frischer Blut- und Leberwurst als Bestandteil der Schlachtplatte gereicht. Gelegentlich erhält man Kesselfleisch auch kalt aufgeschnitten mit Kren oder Essiggurke zum kräftigen Landbrot serviert zur Brotzeit.
Heute wird dieses Gericht meistens von Landgasthöfen mit eigener Hausschlachtung angeboten, aber auch in Großstädten wie München wird die Tradition in Wirtshäusern mit eigener Wurstküche gepflegt und gilt als Spezialität.