Süßholz

Starzinäri, Bärendreck, Lakritz

Region: Oberfranken

stumme Karte, Oberfranken blau markiert

Süßholz hat einen hohen Stellenwert als Zier-, Heil- und Nutzpflanze. In den älteren Wurzeln des weit verzweigten Wurzelstocks befindet sich das Glycyrrhizin. Es ist in seiner Süßkraft 150 mal stärker als der Saft des Rohrzuckers. Vor der Einführung des Zuckerrohrs war Süßholz ein begehrtes Mittel zum Süßen von Speisen und Getränken. Es wurde darüber hinaus als geschmacksverbessernder Zusatz in Arzneien und Tees verwendet. Der ausgepresste Saft ist der Grundstoff für die Herstellung von Lakritz.

Ursprünglich in Kleinasien beheimatet

Süßholzwurzeln liegen in einem Haufen auf einem weißen Tisch

Die Heilkraft der Pflanze bei Husten und Magenbeschwerden sowie ihre durststillende Wirkung sind seit der Antike bekannt. Die "Historia plantarum", verfasst von Theoprast (372-287 v. Chr.), einem Schüler Aristoteles, enthielt bereits eine ausführliche Beschreibung der Pflanze. Die Süßholzwurzel war ursprünglich in Kleinasien beheimatet. Es wird vermutet, dass Kaufleute, Seefahrer und Mönche das Süßholz, wie so viele andere Gewürzpflanzen, nach Europa brachten.

Bamberg als ältestes deutsches Anbaugebiet

Dass es auch in Bamberg Süßholz gab, geht aus einer Abhandlung aus dem Jahr 1536 hervor. Man kann aber davon ausgehen, dass es dort bereits viel früher bekannt war und Bamberg das älteste deutsche Anbaugebiet für Süßholz ist. Auf einem Stadtplan des Landvermessers Peter Zweidler aus dem Jahr 1602 war ebenfalls Süßholz abgebildet, es wurde dort als „Glycyrrhiza radix bambergensis” bezeichnet. Hoch gestellte Persönlichkeiten bekamen als Ehrenpräsent eine Süßholzwurzel überreicht. Im 16. und 17. Jahrhundert hatte der Anbau einen bemerkenswerten Umfang angenommen. Es wurden jährlich 200 bis 300 Zentner geerntet. Allein nach Böhmen, Österreich und Ungarn wurden 150 Zentner verkauft. 1870 wurde vom Eintreffen eines Briefes aus Amerika berichtet, in dem um Lieferung von Süßholzwurzeln, Pflanzmaterial und Unterweisungen für den Anbau gebeten wurde. Im 18. Jahrhundert gehörte das ordnungsmäßige Graben einer drei bis vier Jahre alten Süßholzwurzel zudem zur Meisterprüfung für Gärtner. Ab dem 19. Jahrhundert ging der Anbau stark zurück, hat sich aber in bescheidenem Umfang bis nach dem Ersten Weltkrieg erhalten. Alle Apotheken des Bamberger Umlandes deckten ihren Bedarf aus dem heimischen Anbau. Den Kindern bereitete es ein besonderes Vergnügen, den süßen Saft aus einem Stück Süßholz zu "zülln".

Von "Liquiritia" zu "Lakritze"

Der eingedickte Saft, der aus der Wurzel und durch anschließendes Kochen gewonnen wird, trägt in Glossarien des 14. und 15. Jahrhunderts auch den Namen "Liquiritia" - eine Verballhornung der griechischen Bezeichnung "Glykyrhiza" bzw. "Glycyrrhiza". Mit der in dieser Zeit erfolgten Eindeutschung des Wortes zu "Leckeritz" (1394) oder "Lakritz" (1429) führt der namensgeschichtliche Weg bis zur heute bekannten "Lakritze", die in Form harter Blöcke, Stangen oder Pastillen angeboten wird.

Kaiserin Kunigunde als Spenderin des Süßholzes

Um die Weiterverarbeitung der Süßholzwurzel zu Lakritze oder Süßholzküchelchen kümmerten sich die Gärtner selbst und hüteten ihre Rezepte als Geheimnis. Schon 1390 kommt in einer Urkunde für das Kloster Michelsberg der Name "Heinrich Lackritzen" vor. Bemerkenswert ist, dass sich nicht nur die Anfänge der Bamberger Freilandgärtnerei insgesamt, sondern auch die des dortigen Süßholzanbaus innerhalb der Legendenwelt mit dem heiligen Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde verbunden sind. So beschreibt eine Darstellung die Kaiserin als Spenderin des Süßholzes. Eine andere Legende behauptet, dass die Pflanze nur dort gedieh, wo das heilige Kaiserpaar vorüberschritt oder wo der Kunigundenring flog.

Süßholzstaude ziert das Stadtwappen

Das Süßholz war für Bamberg so bedeutsam, dass die Stadt um 1600 die Süßholzstaude in ihr Wappen aufgenommen hat.

„Keine Landschaft Deutschlands erzeugt mehr und größere Zwiebeln, keine größere Rüben und Kohlköpfe. Füg hierzu die Süßwurzel, die im Bamberger Land in solcher Menge ausgegraben wird, dass man hochgetürmte Wagen damit beladen sieht” (Johannes Boemus, 1485 bis 1535).

Seit einiger Zeit erinnern sich aber einige Bamberger Gärtner an die alte Süßholztradition und beginnen damit, Süßholzpflanzungen neu anzulegen. Einen Auftrieb bekam die Initiative durch die im Jahr 2012 in Bamberg ausgerichtete Landesgartenschau. So wurde auf dem Gelände der Gartenschau ein "Lakritzgarten" angelegt, um an die traditionelle Produktion des Bärendrecks in der Bischofsstadt zu erinnern.

Süßholz braucht viel Wasser und Dünger

Die Wurzelausläufer werden in einem Reihenabstand von einem Meter gepflanzt. Nur beste tiefgründige Böden mit hohem Humusanteil sind für den Anbau geeignet. Süßholz benötigt reichliche Düngung mit Jauche und Stallmist. Nur eine ausreichende Wasserversorgung und regelmäßiges Hacken garantieren, dass man nach drei bis vier Jahren die bis zu 15 Pfund schweren Wurzeln ernten kann. Im Herbst wird das Süßholz gestochen. Die Rhizome werden in zehn Zentimeter lange Stücke zerteilt, die in einer Mischung aus Sand und Erde gelagert werden, bis sie dann im Frühjahr wieder gepflanzt werden.

Initiativen

Gärtner und Häckermuseum
Mittelstr. 34
96052 Bamberg www.gaertner-und-haecker-museum.byseum.de