Anisbreze
Region: Oberfranken
Die in anderen Regionen Bayerns sowie im übrigen Deutschland nahezu unbekannte Anisbreze ist in Oberfranken fast schon eine Berühmtheit. So bekommt der Kunde in einigen Regionen mit Selbstverständlichkeit eine Anisbreze, wenn er an der Bäckertheke eine Brezel verlangt.
Keine gewöhnliche Brezel
Wie der Name bereits verrät, enthält das Gebäck das charakteristische Anisgewürz. Traditionell wird einem klassischen Semmelteig Anis beigemischt und die Breze nach dem Backen anschließend mit Salzwasser abgestrichen. Die Breze wird vergleichsweise hell gebacken und ist weich im Biss. Der Geschmack ist markant und unvergleichlich - es entsteht ein Frischegefühl im Mund. Anis ist ursprünglich eine wild wachsende mediterrane Gewürzpflanze, die schon im Mittelalter verwendet wurde. Dem Anis werden verdauungsanregende Eigenschaften bescheinigt. Darüber hinaus sagte man ihm früher aphrodisierende Wirkung nach.
Ursprünglich ohne Roggenmehl
Roggenmehl kam erst 1916 dazu. Aufgrund der Weizenknappheit waren alle Bäcker dazu angehalten in sämtlichem "weißen Gebäck" das Weizenmehl zu 30 % mit Roggenmehl zu ersetzen. Roggenanbau ist für Oberfranken typisch und war ausreichend vorhanden (weitere Infos s. Rogg-In). Heutzutage variieren die Rezepte der Bäckereien - hier mit, dort ohne Roggen; mal mit Anis bestreut, mal dem Teig beigemischt.
Eine saisonale Spezialität
Anisbrezen sind als traditionelles Fastengebäck ursprünglich nur von Aschermittwoch bis Ostersamstag erwerbbar.
Heutzutage kann bspw. in der Kulmbacher Region die "Winterreifenregel" angewendet werden - somit kann von O(ktober) bis O(stern) "in die Brezen gepilgert" werden.
In der Anisbrezenzeit bekommt man sie in einigen Wirtshäusern zu deftigem Essen (Schlachtschüssel, Brotzeitplatte, Eintöpfe, Krenfleisch und Tellersülze) und als Begleit-Gebäck zum (Bock-)Bier gereicht. Besonders gut "harmoniert" die Anisbreze mit einer guten Leberwurst. Man isst sie aber nicht nur zu Herzhaftem, sondern auch mit Butter bestrichen, zum Kaffee oder Kakao (auch "eigedudschd" - eingetunkt), gelegentlich auch zum Punsch. Die Brezen sollten möglichst frisch genossen werden oder nach sofortigem Einfrieren kurz aufgebacken.
Tradition und Brauchtum
Speziell in den Regionen Schwarzenbach a. d. Saale, Stadtsteinach, Creußen sowie in den Bayerischen Genussorten Bayreuth, Bad Berneck, Hof, Kulmbach und Weidenberg haben Anisbrezen Tradition.
In einigen Orten wurden früher "Lizenzen" zum Anisbrezenbacken vergeben - genauer gesagt unter den Innungsbäckereien verlost. Mit dem Ergebnis, dass immer nur eine Bäckerei pro Woche backen durfte. Hatte eine Bäckerei Losglück ohne etwas damit anfangen zu können, hatte sie die Möglichkeit ihre "Backrecht" zu veräußern.
Sogenannte "Brezenträger" versorgten in der Brezenzeit andere interessierte Bäckereien und vor allem Wirtshäuser mit der begehrten Spezialität.
An einem Tag, etwa in der Mitte der Brezenzeit, gab es den Brauch kostenlose Anisbrezen an Bedürftige zu verteilen. Dies war dann Aufgabe der Bäckerlehrlinge. Der Bezug zur Fastenzeit und zur Nächstenliebe kommt nicht von ungefähr, symbolisiert doch die Brezel (Brezel wohl von lateinisch brachiolum 'Ärmchen') die Arme eines betenden Mönchs.